Haro von Laufenberg (2022):

Historische Gold- und Silberfeinheiten

Schrot und Korn 1

Die Kölnische Mark

Um 793 reformierte König Karl das Münz-, Maß und Gewichtssystem im Frankenreich (u.a. auch das Kalendersystem) und setzte neben das römische libra (Pfund zu 12 Unzen, ca. 325 g) das pondus Caroli (Karlspfund, ca. 408 g). Fernerhin mussten teilbare Waren jeweils zur Hälfte und einmal in jeder Schale auf einer gleicharmigen Waage gewogen werden, um Wiegefehlern, auch den absichtlichen vorzubeugen. Aus dieser Wägepraxis dürfte die marca als Halbteilung des Karlsgewichts hervorgegangen sein, als auch das die Mark unterteilende lôt, das insofern an ein anhängendes Gewicht erinnert. Tatsächlich beträgt die spätere Kölner Mark 576 ‰ des Karlspfunds und wiegt exakt die Hälfte des aus dem Karlspfund abgeleiteten Kölner Pfunds von rund 467.62 g.

Die Kölnische Mark wird erstmals aus der Mitte des 11. Jh.s bekannt und verbreitet sich als Mark coloniensis ponderis et puritatis (Kölner Gewicht und Feinheit) ab Ende des Jh.s im ganzen Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation). 1524 wurde die Kölnische Mark als Reichsgrundgewicht und 1551 als Reichsmünzfuß festgesetzt. Aus einer Mark kölnisch fein Silber wurden neun Reichstaler zu 24 Groschen mit einem Rauhgewicht von 29.23 g geschlagen, was einem Feingehalt von 889 ‰ oder 14 Lot und 4 Grän entsprach.

Allgemeine Teilung einer Mark fein (für Gold- und Silberfeinheit) kölnisch:

Mk Uz Lt Kt Pfg Gr g*
Mark Unze Lot (Ag) Karat (Au) Pfennig Grän Gramm*
1 8 16 24 256 288 233.8
1 1 1 / 2 16 18 14.6
1 10 2 / 3 12 9.7
  • Mk = Mark
  • Uz = Unze
  • Lt = Lot
  • Kt = Karat
  • Pfg = Pfennige
  • Gr = Grän
  • g = Gramm, * Umrechnung in metrisch Gramm und auf eine Nachkommastelle gekürzt

Die Kölner selbst teilten die Mark bis in das 17. Jh. indes in 12 Pfennige zu je 24 Grän.1 Mithin zwar auch in 288 Grän, ein sechslötiges Silber in Köln galt jedoch anderswo als achtlötig.

Ob die Teilung der Mark in Köln, oder hernach des Reichstalers in 24 Groschen zu 12 Pfennigen, auf ein ursprüngliches Zwölfersystem zurückgeht, ist fraglich. Das in Indien im 5. Jh. entwickelte Zehnersystem mit der Null wird in Europa allerdings erst durch den Handel und Kulturaustausch mit dem Orient im 13. Jh. bekannt und noch 1522 wirbt Adam Riese für dieses Rechensystem.

Zählen mit den Fingergliedern, Duodezimalsystem

Zählen mit den Fingergliedern (MP4 3.97 MB)

Für das einfache Volk, das ja nun nicht unbedingt den Fernhandel mit dem Orient wie venezianische oder die Ausbeutung von Südamerika wie Augsburger Patrizier betrieb, war es einfacher auf der Basis von Zwölf zu zählen, zu teilen und zu multiplizieren. Das ging nämlich mit den Fingern und die Zwölf ist vielfacher zu teilen als die Zehn. Mithin galt denn auch die Zwölf in der Zahlenmystik als die vollkommene Zahl, davon die zwölf Argonauten oder auch die zwölf Apostel, die Teiler Drei für die göttliche Dreifaltigkeit und Vier für die Welt nach den vier Himmelsrichtungen, Jahreszeiten, Mondphasen und zusammengesetzt zur Sieben als heilige Zahl.

Wiener Zollabkommen von 1857

Im Zuge der sogenannten Industriellen Revolution hatte die Kölnische Mark ausgedient. Im Wiener Zollabkommen 1857 wurde sie durch die Einigung auf ein metrisches System nach französischem Vorbild abgelöst. Danach wurde das Pfund auf 500 g festgesetzt, woraus 30 Taler geschlagen wurden.

Unterdessen wurde der Feingehalt in Gold- und Silberwaren weiterhin nach der Kölnischen Mark, aber auch nach zahlreichen abweichenden regionalen Systemen angegeben. Das wurde auf dem Gebiet des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1871 (also gegenüber der heutigen BRD mit Elsaß-Lothringen, Ostbelgien, Nordschleswig, Schlesien, Pommern, West- und Ostpreußen) durch das 1888 in Kraft getretene sogenannte Stempelgesetz vereinheitlicht.

Stempelgesetz

Im 1871 entstandenen Deutschen Reich wurden als weitere Erleichterungen für Handel und Gewerbe Mindestfeingehalt und Punzierung von Gold- und Silberwaren mit der sogenannten Reichsstempelung ab 1888 ver­ein­heit­licht.

Grundlage war das Feingehaltsgesetz (FeinGehG) von 1884, allgemein vereinfacht "Stempelgesetz" genannt, das 1888 in Kraft trat. Danach durften Gold- und Silberwaren in beliebiger Legierung hergestellt werden. Durch eine Punze ausgewiesen durfte der Feingehalt von Gold in Gerätschaften und Uhrgehäusen indes erst ab 585 Tausendteilen, bei solchen aus Silber ab 800. Unter Berücksichtigung minderhaltiger Lötungen pp. war eine Toleranz nach unten von fünf Tausendteilen beim Gold und acht Tausendteilen beim Silber erlaubt.

Der Feingehalt war in Promille anzugeben, wobei der Zähler ausreichte. Unter Berücksichtigung der erlaubten Toleranz konnte ein Gerät, das mit einem Feingehalt von 585 Tausendteilen Gold gestempelt war, im eingeschmolzenen Zustand tatsächlich nur 580 Tausendteile Gold enthalten.

Ferner waren goldene Geräte und Uhrgehäuse mit der Kaiserkrone im Sonnenzeichen zu stempeln, dergleichen aus Silber mit der Kaiserkrone und links daneben dem Mondzeichen, sowie jeweils mit der Marke des Herstellers oder Inverkehrbringers.

Reichsstempel mit Krone und Sonne und Krone und Halbmond
Reichsstempel, links für 580 - 585 ‰ Gold, rechts für 790 - 800 ‰ Silber

Die Punzierung von Schmuck war ohne Untergrenze freigestellt. Soweit eine Feingehaltsangabe erfolgte, durfte die Fehlertoleranz bei eingeschmolzenem Schmuck gegenüber der Stempelung nicht mehr als zehn Tausendteile betragen. Die Verwendung des Sonnen- bzw. Mondzeichens mit jeweils Kaiserkrone war verboten.

Ansonsten durfte jeder stempeln, der wollte. Wer es indes tat, musste nach dem FeinGehG für den angegebenen Gehalt auch bürgen.

Lage heute

Das Feingehaltsgesetz (FeinGehG) von 1884 gilt im Wesentlichen unverändert bis heute fort. Die Vorschriften zum Stempelzeichen wurden 1964 im Warengesetz aufgelöst; es reicht nunmehr die Angabe der Tausendteile, wo die Angabe gesetzlich erforderlich ist, und die Angabe der Firma für welche die Stempelung bewirkt ist. Der Reichsstempel war indes bis 1976 in Gebrauch.

Deutschland ist der Wiener Konvention von 1972 (Hallmarking Convention) für einen internationalen Standard zur Punzierung nicht beigetreten.

Historische Goldlegierungen

Flussgolddukat, Wikipedia
Dukat Kurpfalz 1763: "So glänzen die Ufer des Rheins"

Während die Preußen ohnehin dazu neigten, minderwertige Legierungen vorzuhalten, wie mit dem im Silbergehalt abgesenkten preußischen Pendant zum Reichstaler, wurde die gestiegene Nachfrage an Goldschmuck und Goldgeräten im Wohlstand der Gründerzeit infolge der Frankreich nach dem Krieg 1870/71 auferlegten Reparationskosten durch das FeinGehG und die daraus erwachsenen industriellen Möglichkeiten künstlich erhöht. Daher sind in Deutschland und zumal das FeinGehG von 1884 im Wesentlichen unverändert geblieben ist immer noch minderwertige Legierungen mit 333 ‰ und 585 ‰ für Schmuck und Geräte weit verbreitet.

Historische Legierungen im Überblick

Die folgenden Tabellen sollen einen Überblick über die wichtigsten klassischen Goldle­gie­rungen/Han­dels­namen in Zentraleuropa (ehem. Heiliges Römisches Reich, Deutscher Bund, Österreich-Ungarn) vermitteln.

Name Au ‰ Ag ‰ Cu ‰
Dukaten­gold1 982 - 9892 18 - 11
Münzgold3 900 100
Pistolen­gold4 895 105
rheinisch Gold5 750 - 958 bal. bal.
Kronengold 750 125 - 250 125 - 250
Elektrum6 ≥ 730 - 900 270 - 100
güldisches Silber 250 - ≤ 700 ≥ 300 - 750
güldisches Kupfer 250 - ≤ 700 ≥ 300 - 750
Billon / gemischtes Gold 500 250 - 500 250 - 500
Horngold7 375 - 416.6 bal. bal.
Joujougold8 250 - 275 750 - 725
Granaten­gold9 150 - 250 850 - 750
Federgold 16 2.6 5.3
Nürnberger Gold 5 - 5.5 5.5 - 6 989
Mailänder Gold10 ca. < 1 ≤ 1000 bal.
  • Au = Gold
  • Ag = Silber
  • Cu = Kupfer
  • ‰ = Tausendstel

"Faules Gold" ist eine Goldlegierung mit ≤ 100 ‰ entfärbendem Palladium + Silber. Palladium ist das unedelste Metall der Platinnebenmetalle, wird als Rohstoff an den modernen Börsen indes preislich zuweilen höher gehandelt als Platin. Seit 1976 wird es anstelle des Nickels für sog. Weißgold verwendet. In der Industriegesellschaft werden allergische Reaktionen aber auch auf Palladium beobachtet.

Einfärbungen

Erst im 19. Jahrhundert war es erlaubt, Gold mit anderen Metallen als mit dem Gold vergesellschaft vor­kom­men­dem Silber und Kupfer zu legieren, und erfreute sich zunächst einiger Beliebtheit für Verzierungen. Die nachfolgenden Angaben sind der Fachliteratur des 19. Jahrhunderts entnommen:

Farbe x Au x Ag x Cu x Fe x Cd
blau 1 - 3 1
gelb 1 2
grau 30 3 2
grün 75 16.6 8.4
2 - 3 1
rot 10 1 4
weiß 1 2
  • x = Masseanteil
  • Au = Gold
  • Ag = Silber
  • Cu = Kupfer
  • Fe = Eisen
  • Cd = Cadmium

Aufhübschungen hat man sich indes schon weit früher bedient: Wenn Silbermünzen mal wieder abgewertet wurden, hat man sie vor der Ausgabe "weißgekocht" (auch: "weißsieden"), das Kupfer an der Oberfläche gelöst, damit es zumindest eine Weile lang nicht direkt so auffiel, dass der Silbergehalt bei gleichem Nominal niedriger war als zuvor. Dies gelingt durch erhitzte Schwefelsäure oder Weinsteinlösung. Mit Gold geht das auch: Legierungen mit mind. 14 Karat Gold 5 - 6 Minuten in eine kochende Mischung aus 2 Teilen Kochsalz, 4 Teilen Salpeter und 3 Teilen Salzsäure tauchen, bis sich die gewünschte Farbe einstellt, dann in kochendem Wasser spülen. Die Säure löst Silber und Kupfer an der Oberfläche. – Diese Angaben erfolgen ohne Gewähr!  Es wird dringendst empfohlen, solcherart Aufhübschungen und Farbsättigungen ausschließlich von Fachleuten ausführen zu lassen!