Haro von Laufenberg (2018):

Unheimliche Idylle

NS-Propaganda in Heimatbildern und die Rezeption in der Gegenwart

Schlussbetrachtung

Wie auch immer man diesen Aufsatz von mir abtun möchte (vgl. Zensur und Rezension), so ist doch nicht zu übersehen, dass NS-Pro­pa­gan­da in Schriften des heutigen EGV nachwirkt und unkritisch überlebt hat. Ob dies nun gewollt oder ungewollt erfolgt ist, das tut im Grunde nichts zu der Sache, dass sie überlebt hat und dass man daher – bei allem Respekt – so oder so den Nazis auf den Leim gegangen ist.

Nazitum ist nie alleine Marschieren und Totschlagen gewesen. Es hat sich zu seiner Durchsetzung der Befriedigung philiströser Empfindungen bedient. So habe ich auch Rudolf Briefs im Zeit­zeu­gen-Inter­view verstanden, als er davon gesprochen hat, dass die Nazi-Zeit in Eschweiler "gemäßigt" gewesen sei (Briefs 2018 bei 0:44:30). Natürlich: Es gab den gemütlichen, in Biermystik aufgehenden, im geregelten Karneval jovial schunkelnden bürgerlichen Spießer, und es ist allgemein bekannt, dass Arbeiter, weil sie ständig selbst diffamiert und diskreditiert worden waren, antisemitischer Hetze gegenüber fast vollständig immun blieben, und Eschweiler war ja überwiegend eine Arbeiterstadt. Diese gewisse Immunität der Arbeiter ist aber nicht repräsentativ auf Eschweiler zu übertragen, um den Nachweis eines gemäßigten Nazitums zu führen. Es gibt keinen gemäßigten Nazismus, Mäßigung ist dieser tödlichen und todesverachtenden Ideologie völlig fremd, und wie "ganz normale Männer" im Nazismus zu Massenmördern werden, hat erstmals Christopher Browning (1993) in seiner Studie über die Hamburger Polizei nachgewiesen. In Eschweiler bereicherten sich sowohl Bürger als auch die Stadt an der "Arisierung" und man stellte dies – vor allem wohl im Nachhinein – gewissermaßen als Altruismus dar (Viehöver 2002 S. 250). Die jüdische Synagoge in Eschweiler ging 1938 mit Billigung der Polizei in Flammen auf (vgl. den Aufsatz "Reichskristallnacht" auf dieser Website). 2010 wurden rund 50 Fotos, die NS-Verbrechen drastisch aus nächster Betrachtungsnähe zeigen, dem Amtsgericht Eschweiler anonym zugespielt, und aufgefunden worden sind sie wohl schon in den 1960er-Jahren in der Eschweiler Innenstadt. (Das Landeskriminalamt NRW hat zwei der harmlosesten veröffentlicht und die Erkennung aus "Datenschutzgründen" unmöglich gemacht, Abb. zitiert nach Vensky 2011.)

Laut Briefs (2018 bei 0:14:50) begrüßte man die größere "Sicherheit", die man auf den Eschweiler Straßen genossen hätte, seit die SS mit der Polizei auf Streife ging. Nur, was war das für eine "Sicherheit"? Eine des bürgerlichen Besitzstandes, eine, derentwegen man die Abschaffung der Freiheit, Mord, Totschlag und Terror in Kauf nahm, zumindest dabei wegsah, und sich eben auch mit Idyllik ablenken ließ: Eine wahrhaftig unheimliche Idylle!

Danksagung

Von den 401 Negativen der Sammlung sind 398 von Harry Reimer (Film- und Fotofreunde Eschweiler) mittels der Reprofotografie digital erfasst worden. Dank an Harry Reimer für die unkomplizierte Hilfe. Die nicht erfassten Negative betreffen redundante Informationen und schon ursprüngliche Fehlbelichtungen, eines konnte ich mittels eines Scanns vom Papierabzug ersetzen. Hier auch Dank an den Fotorestaurator Michael Kramer für die mündliche Beratung. Ein Scann vom Dia ist vom EGV besorgt worden (D89.21), 18 Scanns sind aus dem Fundus Armin Gille. Die restlichen 142 Scanns (+ 1 Fotomontage) habe ich vorgenommen.

Weiters ist den EGV-Kollegen Claudia Niederhäuser und Hans-Günter Becker zu danken. Beide, bekanntlich im EGV-Arbeitskreis 7 – Familienkunde tätig, haben mir abwechselnd auf jede meiner Anfragen prompt Faksimiles zu den Personenstandsurkunden geliefert, und damit nahezu alle, die hier einzusehen waren. Claudia Niederhäuser hat mir zudem den oben zitierten Genealogiebericht übermittelt. Hans-Günter Becker ist vor allem dafür zu danken, dass er mir ferner den Zugang zur EGV-Bildstelle ermöglicht hat und mich ermunterte, die Bilder daraus zu veröffentlichen.

Nicht zuletzt ist Armin Gille [† 6.8.2020] zu danken. Er hat mir Bilder aus seinem Fundus überlassen und mich mit Informationen zu den Eschweiler Örtlichkeiten in einigen der Bilder in der Sammlung unterstützt. Schließlich hatte ich das – indes gewiss nicht immer unkritische – Vergnügen, sein Buch "Eschweilers verschwundene Straßen", das 2016 in dritter Auflage im EGV erschienen ist, zu lektorieren und, wenn auch nach dem vorgegebenem Format der Reihe der EGV-Bildbände, zu gestalten. Denn das Bild auf Seite 78 dieses Bands hatte mich neugierig gemacht. Nach Erscheinen des Bandes bin ich seiner Entstehungsgeschichte nachgegangen. Es ist ein Foto von Alfred Englaender.

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