Haro von Laufenberg (2018):

Unheimliche Idylle

NS-Propaganda in Heimatbildern und die Rezeption in der Gegenwart

Die NS-Propaganda in den Fotos von Alfred Englaender

Um die Sammlung Englaender mit mehr als 550 Fotos auseinanderzufalten, bietet der Rahmen eines Aufsatzes nicht den nötigen Raum. Es ist jedoch notwendig, die Bilder Englaenders einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Denn die Fotografien haben einen gewissen Charme, dem man sich so leicht nicht entziehen kann, und das ist gewollt. Sie transportieren – das gilt bis auf die wenigen Aufnahmen aus dem privaten Lebenskreis für die gesamte übrige Sammlung – NS-Propaganda. Englaender war Nazi und seine Fotos im EGV erstrecken sich ausschließlich auf die Nazi-Zeit. Es ist ebenso notwendig, auf die Rezeption im EGV einzugehen. Denn dort werden die Fotos in Veröffentlichungen zumindest unkritisch als Repräsentation der Wirklichkeit verwendet. Aber das sind sie nicht. Sie sind wie alle Fotos Artefakte, und der Fotograf bedient sich Ausschnitte der Wirklichkeit, die er so zeigt, wie er will, dass sie gesehen wird. Dies wirft die Frage nach der Erinnerungskultur im EGV auf. Denn in Veröffentlichungen des EGV werden Bilder und Duktus der Bildlegenden aus dem "Westdeutschen Beobachter" übernommen, über die Bildkonstruktion jedoch nie aufgeklärt.

Heimatbilder, Frauen und Kinder

Die Sammlung enthält überwiegend Heimatbilder. Der Fehlbestand an der Bildstelle könnte zu der bösen Mutmaßung veranlassen, man habe gesiebt, gezielt Bilder entfernt, weil vielleicht – nicht nur, aber insbesondere – die ein oder andere Person aus der lokalen Elite nicht mehr in Bildern der Nazi-Zeit erscheinen wollte. Heinrich Böll hat dergleichen 1962 in "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen" feinnervig beschrieben, und es ist ja auch so, dass z.B. die lokale Nazi-Größe Josef Kuiff, SA-Feldjäger und NS-Ortsgruppenleiter in Eschweiler (s.a. den Aufsatz "Reichskristallnacht" 1938 in Eschweiler auf dieser Website), Mitglied des EGV gewesen ist (Küpper 2002 S. 4). Gänzlich unbeleuchtet ist die dunkelste Seite des Nazitums in Eschweiler, die Verfolgung und schließlich Vernichtung von Menschen. Da der "Eschweiler Beobachter", die Lokalbeilage zum "Westdeutschen Beobachter", z.B. 1936 mit dem Titel "Besuch im Eschweiler Zigeunerlager" aufmachte (WB 246/247,12), ist zu vermuten, dass es auch aus Eschweiler die für die Nazis typischen rassistischen Bilder zum "artfremden Zigeunervolk" (WB aaO.) zumindest grundsätzlich einmal gegeben hat. Solche Spekulationen führen jedoch nicht weiter und werden hier nicht angestellt, weil sie auf die Einordnung der vorliegenden Sammlung keinen Einfluss haben. Denn auch die Heimatbilder können keineswegs als unverfänglich angesehen werden. Vielmehr hatten Heimatbilder im NS-Staat einen propagandistischen Zweck: Sie sollten die Wahrnehmung der Realität in einem brutalen und völlig unfreiheitlichen Staat auf die privatistische, mitunter philiströse Idylle verschieben und so auf eine positive Identifikation mit diesem Staat hinarbeiten. Nach Sachsse (2003 S. 136) war das ein Eckpunkt, auf dem der NS-Bild­jour­na­lis­mus aufbauen sollte. Zum anderen dienten Heimatbilder der Kriegsvorbereitung und dann der Kriegsführung: Schon 1937 setzte eine Werbung für Frauenfotografie Abb. 1 ein und Kinder waren eines der wichtigsten Bildmotive bei den Heimatbildern, denn kaum etwas dürfte den Durchhaltewillen des Soldaten mehr stärken als der Anblick von Frau und Kind (Sachsse 2003 S. 210f.), mithin sollte der Krieg zur persönlichen Angelegenheit des Soldaten werden. (Mit dem Appell "Frauen und Kinder" wandte sich auch die US-Army 1944 mit Flugblättern im westlichen Grenzland an deutsche Soldaten, Abb. bei Schleicher 1994 S. 38.). Ab 1941 wurden Abbildungen junger Frauen allerdings nicht mehr gefordert (Sachsse aaO.), das hätte wohl ablenken können, und Bilder gereifter, mütterlich wirkender Damen waren gefragt, während die Nachfrage nach Bildern von Kindern unverändert hoch blieb Abb. 2. Der EGV schrieb hierzu in seinem Heimatkalender 1985 (1v): "Oft waren seine [Englaenders, HvL] liebsten Fotoobjekte [sic!] Kinder." Ob dies nur eine Kurzsichtigkeit war, soll dahingestellt sein, weil man möglicherweise ja der beabsichtigten Erzeugung von Erinnerungskultur selbst verfallen gewesen war, zumal solche Fotos im EGV mit großer Beliebtheit zitiert worden sind.

Bilder von Frauen und Kindern machen in der Sammlung insgesamt einen Anteil von 25 % aus und ihre Anzahl nimmt ab 1937 zu. Die Kinder sind natürlich überwiegend blond und pausbäckig.

Arbeit

Viele Fotos der Sammlung zeigen Inszenierungen oder Versuche derselben, die auch in der Malerei im deutschen Faschismus zu finden sind (kritisch: Sachsse 2011 S. 68). Im EGV sind solche Bilder wiederholt als "stimmungsvolle Bilder" zitiert worden. Beispiel: Die "Arbeit" spielte im Nazitum eine große Rolle. In der Malerei wurde die Industriearbeit jedoch nur selten dargestellt (Hinz 1984 S. 76) und – gleichwohl gerade für die Industriestadt Eschweiler charakterisierend – in der Sammlung hier gar nicht. Zwar wurde im "Westdeutschen Beobachter" immer wieder insbesondere zu einer Berufsausbildung im Bergbau aufgerufen, doch die Bilder Englaenders zeigen die Industrie nur in weitläufigen Ansichten als erhabene Größe. Gearbeitet wird dort nicht. Z.B. hatte er Panoramabilder vom Tagebau bei Hehlrath versucht (Nrn. 190-197, Nrn. 200-205 / "aus E.296" und – indes zusammengehörend – "aus E.301" sowie "aus E.302"), von denen eines halbwegs gelang und 1937 im "Westdeutschen Beobachter" veröffentlicht wurde Abb. 3. Im dazugehörigen Bericht ist die Rede von "fortschrittlicher Technik" und "Riesenwerkzeugen", die in "aller Stille neue Rohstoffe" bürgen. "Arbeit" in der Malerei als auch in der Fotografie im NS-Staat waren vielmehr das Handwerk, in der Sammlung sind es 1937 die Tischler im Eschweiler Heimatmuseum (Nr. 250f./"aus E.293"), und als bevorzugtes Motiv die landwirtschaftliche Tätigkeit. Omnipräsent waren Inszenierungen der Landwirtschaft auf archaischer Stufe ("Je härter die Flur, desto mehr glänzt die Pflugschar", Titel eines Bauern-Trip­ty­chons von A. Zandrino, zit. nach Hinz 1984 S. 306 Anm. 169) als die höchste Entwicklung "arischer" Kultur und im Kontrast zu Industrieanlagen als Bastionen des Modernen im NS-Staat (Sachsse 2003 S. 69, 136). Englaender verwendet dabei Ausschnitte, die mit Weitläufigkeit Erhabenheit suggerieren, und es ist meist die Silhouette des Braunkohle-Kraft­werks in Weisweiler, die ihm als Hintergrund dient (z.B. Nr. 368/RWE.212 = WB 94,14 = EGV 1985 7 und dort als "stimmungsvoll" beschrieben). Diese Bilder hatten mit der Wirklichkeit der NS-Land­wirt­schafts­politik nichts zu tun. "Der tüchtige Schnittersmann [...] mit dem blanken Stahl [...] gehört der Vergangenheit an" heißt es in einer Erläuterung zum "Vierjahresplan" (Simons 1937). Denn gerade der Traktor (Schlepper) wurde von den Nazis zur Ertragssteigerung unter der Devise der Autarkie propagiert, und die Steigerung in der "Erzeugungsschlacht" war auch in den noch von Landwirtschaft geprägten Ortsteilen von Eschweiler und in Dürwiß Gegenstand von Schulungen und Vorträgen der Nazis wie sich im "Eschweiler Beobachter" durchgehend nachlesen lässt. Dazu gibt es ein treffendes Foto, das einen Landwirt aus Eschweiler-Bergrath auf einem Lanz Bulldog von 1939 zeigt. Das Bild hat mir der Sammler Armin Gille aus Eschweiler zur Verfügung gestellt und ist von mir erstmals auf der Webseite des EGV veröffentlicht worden, und das passt in etwa in die Zeit, vermittelt jedoch weder Weitläufigkeit noch Erhabenheit: Abb. 4. Statt dessen inszenierte auch Englaender so etwas wie "einen nackten, mythologischen 'Wieland'" (Hinz 1984 S. 76) vor Industriekulisse Abb. 5.

In der Sammlung enthalten etwas mehr als 8 % der Bilder solche und ähnliche Motive.

Mythos Reichsautobahn

Einzige Ausnahme war die Arbeit an der Reichsautobahn, die indes in der Weimarer Republik und nicht erst von den Nazis erfunden worden war. Da zeigte auch Englaender Arbeiter, mit technischem Gerät wie an der Dampframme (WB 6,13) oder mit dem "Frosch", einen Explosions-Rammer (Nrn. 356-360 / "aus E.295", Nr. 360 = WB 74,14). Im Kontrast dazu aber auch mit Schüppe und Schubkarre, wobei sich "die entlößten Körper bräunen" (WB 168,12), halt so wie bei den Wielands in der Landwirtschaft. Dass diesen "Eschweiler Jungen" "aus den dunklen Gesichtern Augen und Zähne lachend heraus leuchten" sieht man auf dem Bild im WB nicht. Es ist sowieso zweifelhaft, denn die körperliche Arbeit an der Reichsautobahn war pure Schinderei.

Im Allgemeinen durfte die Arbeit an großen NS-Bauten nicht fotografiert werden, weil diese oft mehr Schein als Sein waren. Die nämlich wurden in Windeseile hochgezogen, um wie von Wunderhand errichtet zu erscheinen, was zwar den NS-Staat erhöhte, doch statt der vermeintlichen, bei den Nazis so beliebten wuchtigen Quader Blendwerk erforderlich machte. So konnte auch die Mär vom "Marmor" der Neuen Reichskanzlei entstehen, um das NS-Regime selbst zu nobilitieren (Mittig 2005 S. 179). Die Reichsautobahn indes war ein Prestigeobjekt, für das andere Regeln galten. Englaender setzte es 1937 auch mit Kindern in Szene, die freilich unfertige Autobahn, mit zwei, dann einem Jungen, der auf "dem Esel seines Großvaters von weit hinter Aachen" reitend das Bauschild an der Jülicher Straße in Eschweiler passierte (Nrn. 237- 239 / "aus E.307", Nr. 239 = WB 254,13; die Fotos dieser Sequenz sind beliebte Motive im EGV). Autobahn-Bilder bezweckten aber auch, den Mythos von der Verträglichkeit der Autobahn mit Landschaft und Natur zu erschaffen. "Festgekoppelt weiden die [Kühe] im reichlichen Grün" und Kinder nützten die "Reichsautobahn als Tummelplatz" schrieb Englaender zu seinen Bildern im "Westdeutschen Beobachter". Ja, sogar "Vitamin-Lieferantin" sei die Reichsautobahn, wenn dort erst die Hagebutten angepflanzt wären. Er griff auch auf Inszenierungen wie bei der "Arbeit" zurück, auf den archaisch landbauenden "Arier" vor den im Nazi-Staat erwachsenen Bastionen des Modernen. Es gibt eine ganze Reihe solcher Bilder in der Sammlung, die ihm offenbar nicht wie gewünscht gelungen waren, zum Teil schon handwerklich nicht, aber eben auch, weil der bis dahin bloß errichtete Damm für die Autobahn schwerlich als solche erkennbar war (z.B. Nr. 147/"aus E.271", Nr. 230, Nr. 353/"aus E.298"). Eindrucksvoller ist ein fehlendes Sequenzbild bei den Filmstreifen "aus E.291", das 1938 im "Westdeutschen Beobachter" erschien: Es zeigt in der aus der Werbefotografie übernommenen steilen Untersicht den dadurch stark überhöhten Damm der Autobahn im Dürwißer Feld, an dem Frauen gebückt und scheinbar mühselig wie in Kärrnerarbeit Grünzeugs sammeln, fürs Kleinvieh wie es in der Bildlegende heißt (WB 262/263,14). Klein gegen groß, die Mühsal des Einzelnen im Gegensatz zur Stärke der "Volksgemeinschaft", die in Form des Staats Großartiges wie die Autobahn schafft, suggerieren seine Bilder.

Die Bildstelle verfügt auch über Fotos mit dem Kdf-Wagen (Nrn. 420 - 424 / V.11-13, V.30, V.31), der nach dem Krieg als "Volkswagen" (Typ 1, landläufig "Käfer") vertrieben worden ist. Obgleich der Wagen 1938 vorgeführt wurde, im Oktober in Aachen auf der Ausstellung "Schaffendes Grenzland" (WB 273,14) und im Dezember 1938 in Dürwiß (WB 337,14), wurde keines der Bilder veröffentlicht. Denn die Produktion des Kdf-Wagens, die mit Spareinlagen der Bürger finanziert werden sollte, kam über die Prototypen aus der Stuttgarter Garagenwerkstatt von Ferdinand Porsche nie hinaus. Stattdessen wurde in Wolfsburg der Kübelwagen für die Wehrmacht montiert und die Leute wurden um ihre Spareinlagen betrogen. Leider liegen diese Fotos nur als moderne Papierabzüge und in ihrer Folge getrennt in der Bildstelle vor, und die lassen eine sichere Ortsbestimmung nicht zu, die sich aus Filmstreifen eventuell ergeben hätte. Ich konnte die Bilder indes anhand der darin erkennbaren Wetterlage sowie des Kfz-Kennzeichens und eines Artikels im "Westdeutschen Beobachter" (WB 22,14) auf August 1938 datieren und Englaender zuordnen. Wie sich aus diesen Informationen ergeben hat, dürfte genau dieser Wagen im Museum der Autostadt GmbH stehen (Kaese 2017). Der Kurator Dr. Wolfgang Kaese zeigte sich bereits über diese doch spärlichen Informationen hocherfreut, was einmal mehr das Chaos in der Bildstelle des EGV bedauern lässt.

Reisebilder

Auch Direktiven der Tagespolitik wurden von Englaender in den Heimatbildern fotografisch umgesetzt. So fokussierten die Nazis insbesondere die deutschen Mittelgebirge als Ersatz für Fernreise-Ziele. Denn die Reichsmark war auf den internationalen Märkten kaum etwas wert und der NS-Staat stand permanent vor dem Bankrott und hielt sich finanziell durch Raub knapp über Wasser, was sich im Devisenrecht ausdrückte, von dem nicht nur Juden, diese vor allem und ganz besonders hart, sondern alle Deutschen betroffen waren. Im Jahr 1936 lief der WB zur Höchstform in der Häufigkeit der Berichte über harte Strafen für "Devisenvergehen" auf. Prompt lieferte Englaender für den "Westdeutschen Beobachter" parallel zu dessen Serie "Wer kennt Deutschland wirklich" idyllische Bilder aus der Eifel inklusive dortiger Ferienhäuser (z.B. Nr. 224f./"aus E.302"), Bilder vom Bergpark in Kassel (Nrn. 530-535 / "aus E.303") und brachte im "Eschweiler Beobachter" von 1936 bis 1937 eine bebilderte Serie zu den "erholsamen Grünanlagen" in Eschweiler (vgl. "15.000 qm Blumen- und Grünanlagen in Eschweiler" in WB 256,12) und Nahzielen wie Wenau (WB 205,13, Legende: "Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah") heraus. Das passte zu der bis heute traditionell vergleichsweise armen Bevölkerung des Aachener Reviers, der ersten Industrieregion Deutschlands, schon besser. In einem Polizeibericht aus der Gemeinde Gressenich (seit 1972 Stadt Stolberg) heißt es, von 6.356 Einwohnern hätten am 31. März 1936 sieben einen Reisepass besessen, mithin 0,11 % (WB 97,12). Der reichsweite Durchschnitt lag wohl bei 4 %; die wenigsten Deutschen besaßen einen Reisepass. Man war also arg klamm, auch wenn die Sache in erster Linie darauf zielte, Juden auszurauben.

Nazi-Gliederungen

SA ist in der Sammlung sechsmal abgebildet, SS zweimal, die PO gar nicht, was an einer Selektion im EGV liegen, mitunter aber auch politischen Vorgaben entsprochen haben könnte (Sachsse 2003 S. 39 ff., 43 ff.). Andererseits hat Englaender Eschweiler Nazis offenbar "privat" porträtiert (z.B. Nrn. 084-086 / "aus E.289") und natürlich bei dem für Nazis angesagten Tontauben-Schießen (Nrn. 452-457 / "aus E.311"). Interessant ist auch das an der EGV-Bildstelle verwahrte Porträt eines Mitglieds einer regional bekannten Industriellenfamilie, das anscheinend von Familienmitgliedern übergeben worden ist: Der Patriarch lässt sich anlässlich eines Jubiläums an einem "Führer"-Altar verewigen (E.3223). Es ist nicht ganz sicher, ob dieses Foto aus der Hand von Englaender ist. Indes sind Abbildungen sakral nachempfundener "Führer"-Altäre der NS-Frauenschaft Gegenstand seiner Bilder (Nr. 080f. / "aus E.289").

Etwas breiteren Raum in der Sammlung nehmen Abbildungen von Aufmärschen der DAF ein und Bilder über das Wirken der NSV. In der Industriestadt Eschweiler hatte die DAF für die Nazis natürlich eine Priorität, und die NSV hatte in Eschweiler wie überhaupt im bis heute noch überdurchschnittlich armen und doch katholisch frömmelnden Aachener Revier eine wesentlich größere Bedeutung als in anderen Reichsgebieten: sie sollte die karitativen Besorgungen der Kirchen ablösen und das in der Weimarer Zeit bereits begründete Winterhilfswerk mit massivem Druck gegenüber der "Volksgemeinschaft" fortsetzen Abb. 6. Peinlich wurde es, als die Bereicherung von Eschweiler NSV-Funktionären aus Beständen der Organisation aufflog. Dies umso mehr, als dass die Verfolgung von Missbrauch auf enormes Interesse in der Öffentlichkeit stieß, was verdeutlicht, in welch erbärmlichen Verhältnissen die überwiegende Eschweiler Bevölkerung, also die Arbeiterschaft, auch im Nazismus lebte.

Kinder und Jugend

Fernerhin ist die HJ in der Sammlung gut vertreten. Die Fotos bedienen die üblichen Nazi-Klischees: Männliche HJ wird in einem militärischen Zusammenhang dargestellt Abb. 7, BDM bei der Behütung von Kleinkindern und junge Frauen wie allgemein im Nazismus als die dem Mann dienenden Objekte omnipräsent beim Medau mit zumindest versuchsweise erotisierendem Touch in "Anmut und Spannkraft" (Loder 1937 S. 78. Vgl. Langen 1996) Abb. 8 und in Betonung der "Gemeinschaft" als Kader für die Kriegstauglichkeit Abb. 9.

Da der Nazismus sich als Partei der Jugend sah, ist sich dem wichtigen Thema "Jugend im NS-Staat" noch in angemessener Ausführlichkeit zu widmen. Zudem begann die Erziehung zum Nazismus ja spätestens in den Kindergärten, die bis 1936 gleichgeschaltet waren. In dem Anfang 1937 in der lokalen Nazi-Presse beworbenen NSV-Kindergarten im Ledigenheim in Nothberg fanden die "Pflichtspiele" in dem dafür vorgesehenen "Gemeinschaftsraum" unter den allzeit wachsamen Augen des "Führers" statt. Der nämlich prangte schon für die Kleinen unübersehbar und allgegenwärtig an der Wand Abb. 10 und anscheinend in jedem Zimmer (Nr. 059/"aus E.294"). Dies mag den "braunen Epilog", die Fortsetzung des Nazismus unter den Bedingungen eines verlorenen Kriegs, und die Verinnerlichungen dieser Generation helfen zu erklären. Insofern wird die oben bereits zitierte Aussage des EGV, Kinder seien Englaenders "Lieblingsobjekte" gewesen, schon klar. Mehr aber noch, oder: in Wahrheit, schien er dem "Führer" zugeneigt gewesen zu sein. Denn auf den erhaltenen Filmstreifen zur Reportage über den Nothberger NSV-Kindergarten ist das Konterfei des "Führers" doppelt so oft abgebildet als die Kinder und es ging ihm anscheinend mehr darum, das Führerbild aus Untersicht, als erhaben, abzulichten als um den Kindergarten seiner selber wegen. Prompt ist ja auch dieses kalte, blutleere Bild im WB abgedruckt worden (WB 45/47,13).

Da der Raum für diesen Aufsatz eine größere Ausfaltung der Sammlung insbesondere auch zu dem Thema Kinder und Jugendliche nun mal nicht zulässt und diese daher dem angekündigten Katalog vorbehalten ist, schränke ich mich im Folgenden knapp auf einige Beispiele ein, die sich auf die Rezeption im EGV beziehen.

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