Eschweiler Anzeiger (u. Nachf.) 1847-1934
Editorische Notiz
Das sogenannte Eschweiler Zeitungsarchiv bei der dortigen Stadtverwaltung versammelt im archivalischen Bestand aus der Zeit vor 1945 ausschließlich die in Eschweiler erschienenen rechtsgerichteten Blätter. Das ist sowohl die konservative (katholische) als auch mehrheitlich die nationalistische und zudem katholisch frömmelnde Presse. Das einzige katholische Blatt, die Eschweiler Zeitung – Bote an der Inde ist in die folgenden Betrachtungen nicht eingeschlossen. Diese konzentrieren sich vielmehr auf den Eschweiler Anzeiger, die älteste in Eschweiler erschienene Tageszeitung, und seine Nachfolger bis zum Erscheinen der Nazi-Presse.
Rechtsgerichtete nationalistische Presse
Im Jahre 1847, am Vorabend der Revolution 1848/49, wurde der Insertionszwang der preußischen Regierung aufgehoben. War es bis dahin nur erlaubt gewesen, in Intelligenzblättern zu inserieren, erschienen fortan auch Anzeigenblätter im Land, die bildlich gesprochen wie Pilze aus dem Boden schossen. Darunter auch der Eschweiler Anzeiger, 1847 zunächst als Anzeiger und Unterhaltungsblatt für Eschweiler und Umgegend. Ab Juli 1850 erschien das Blatt als Eschweiler Anzeiger und Verwaltungsblatt und bis zum Februar 1934, zuletzt als Allgemeiner Anzeiger für Eschweiler und Stolberg. Die Ausgaben ab 1853 Abb. 1 liegen – nicht ganz lückenlos – im Eschweiler Zeitungsarchiv vor.
Das in den ersten Jahrzehnten überwiegend mit nur einem Zeitungsbuch erschienene Blatt brachte neben Annoncen auf den Seiten 3 und 4 sowie Belletristik auf Seite 2 auf den Seiten 1 und 3 Berichte aus aller Welt über Politik und Boulevard und regionale Geo-, Gemeinde- sowie Handelsnachrichten überwiegend aus der Landwirtschaft. Berichte über überregionale Ereignisse wurden aus anderen Blättern abgeschrieben. Zugleich fungierte es als amtliches Mitteilungsblatt für den preußischen Landkreis Aachen; für die Stadt Aachen gab es ein solches bereits seit 1840. Wohl dieses Auftrags zumindest auch wegen, lag der Eschweiler Anzeiger in seiner Berichterstattung offen als auch tendenziell auf Linie der etablierten Eliten in Staat, Kirche, Wirtschaft und örtlichem Regiment. Im Laufe der Zeit wurde der Anzeigenteil geringer, Berichte und Notizen aus aller Welt und der Region wurden umfangreicher und es gab zunehmend Beilagen. Bis 1906 erschien der Eschweiler Anzeiger zweimal in der Woche, mittwochs und samstags, ab 1907 dreimal wöchentlich, dienstags, donnerstag und samstags, und ab dem 5. Oktober 1914 als Tageszeitung. Ende der 1920er-/Anfang der 1930er-Jahre gerieten Verlag und Druckerei in wirtschaftliche Schwierigkeiten und der Eschweiler Anzeiger erschien mit einer zunächst letzten Ausgabe am 31. Dezember 1931 im 84. Jahrgang. Diese deckte auf 10 Seiten alle klassischen Ressorts und mit viel Sport ab, und ließ im Editorial zwei ideologische Wegbereiter der Nazis zu Wort kommen, nämlich die Antidemokraten Ernst von Wolzogen und Franz Schauwecker, die neben Frömmigkeit "Führertum und Wehrhaftigkeit" als "Idee der Nation" propagierten.
Im Januar 1932 kam als Folgeblatt der Eschweiler General-Anzeiger heraus, der allerdings schon Ende März 1932 wieder eingestellt wurde. Wegen des "Zusammenbruchs" des Generalanzeigers wurde der Eschweiler Anzeiger zum 28. März 1932 im 85. Jahrgang erneut herausgegeben. Die Redaktion versprach dem Leser, dass die Tendenz der Berichterstattung unverändert "unter Berücksichtigung der besonderen Belange der überwiegend katholischen Bevölkerung in christlich-deutschem Geiste [...] zum Besten der Heimat und des deutschen Vaterlandes" (Eschweiler Anzeiger, 85. Jg. Nr. 3, Ausg. v. 30.3.1932, Blatt 2) erfolge.
Nach drei Nummern wurde das Blatt als Allgemeiner Anzeiger für Eschweiler und Umgebung zumindest – nach den im Zeitungsarchiv erhaltenen Ausgaben – bis zur 7. Nummer vom 4. April 1932 fortgesetzt. Am 7. April erschien der Allgemeine Anzeiger als "früher Eschweiler General-Anzeiger" und somit als Nr. 82 des Jg. 1932 nach der Nr. 7 vom 4. April. Mit der Nr. 50 des Jg. 1934, Ausgabe vom 28. Februar 1934, stellte der Allgemeine Anzeiger sein Erscheinen ausdrücklich zugunsten des im Verlag der NSDAP erscheinenden Westdeutschen Beobachter ein. Es dürfte dies ein Zug von Selbst-"Gleichschaltung" gewesen sein. Denn der Anzeiger stand der nationalen und antisemitischen Rechten nahe. In einer Eigenanzeige hatte er schon 1932 (Allgemeiner Anzeiger, Nr. 177, Ausg. v. 30.7.1932) zur Wahl der antisemitischen Rechten aufgerufen. Nachdem dann auch die rechtsabgedriftete DVP sich in Eschweiler im April 1933 aufgelöst und ihre Mitglieder zum Eintritt bei den Nazis aufgefordert hatte, hieß es im Hinweis an die Leserschaft zur Einstellung des Blatts konsequenterweise: "Der Allgemeine Anzeiger hatte es sich seit seiner Gründung [mithin mit seinen Vorläufern, HvL] zur vornehmsten Aufgabe gemacht die Interessen aller treudeutsch fühlenden Kreise aus Eschweiler und Umgebung zu vertreten und trat schon für die Einigung aller rechtsgerichteten Kreise unter scharfer Ablehnung des herrschenden Systems ein, als noch viele andere bürgerliche Zeitungen die Zeichen der Zeit nicht erkannt hatten." Weiter hieß es dort: "Diese Aufgabe ist durch die großartige Einigung des nationalen Deutschlands durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und die Tätigkeit ihrer Gaupresse überholt. Eine unbedingte Notwendigkeit zum Weitererscheinen unserer Zeitung besteht daher schon seit einiger Zeit nicht mehr." Abb. 2 Insofern kam es für den ohnehin schon länger angeschlagenen Verlag zu einer Enge auf dem für eine Zeitung überlebenswichtigen Anzeigenmarkt im kleinen Eschweiler, die dann, als der Westdeutsche Beobachter im Juli 1933 den Zuschlag für das Amtsblatt der Stadt Eschweiler erhielt, für zwei rechtsnationale und antisemitische Blätter untragbar wurde. Man hatte sich unterdessen arrangiert. Denn der ab dem 16. September 1933 erscheinende Eschweiler Beobachter, die Lokalbeilage des Westdeutschen Beobachters, wurde im Druckhaus des Verlags des ehemaligen Allgemeinen Anzeigers gedruckt. Verlag und Schriftleitung "kämpften" daher in einer "Front" mit dem Westdeutschen Beobachter aus dem Verlag der NSDAP "für ein starkes und gesundes Deutschland".
Redakteure und Verleger
Der Eschweiler Lehrer Schnückel, der nebenher noch ein Putzmachergeschäft unterhielt, trat 1847 als Redakteur des Anzeigers und Unterhaltungsblatt für Eschweiler und Umgegend auf, gedruckt wurde bei Beaufort in Aachen. Ab Juli 1850 und dann in Folge bis zum 39. Jg. 1886 mit der Nr. 100 unterhielt Franz Blomenhaus Redaktion und Verlag des Eschweiler Anzeigers in der Dürener Straße 43 in Eschweiler.
Franz Anton Blomenhaus (* 28. August 1820 in der Bauerschaft Höven/Kirchspiel Osterwick im Münsterland; † 12. August 1892 in Eschweiler) entstammte einer bäuerlichen Familie, die mütterlicherseits (Schulze Brüning) wohl eine Art von Schulzen gestellt hatte. Nach der "Bekanntmachung des Königlichen Provinzial-Schul-Collegii" per 15. September 1840 im Amtsblatt der Preußischen Regierung in Arnsberg war Blomenhaus nach bestandener Prüfung im katholischen Seminar in Langenhorst als Elementarschullehrer, also Volks- bzw. Grundschullehrer, "wählbar", eine damals weder sonderlich angesehene noch dotierte Position. Am 15. Januar 1845 verheiratete er sich in Eschweiler mit Sibilla Peltzer (* 13. März 1826 in Karthaus (bei Jülich); † 17. Mai 1883 in Eschweiler), 1846 wurde die gemeinsame Tochter Maria Anna geboren. Es folgten neun weitere Kinder, darunter acht Töchter. Blomenhaus war zunächst Lehrer in Eschweiler, schien jedoch in seiner Schwiegermutter eine potente Unterstützerin zu haben, die ihm wohl die Verlagsübernahme von Lehrer Schnückel ermöglichte. Zwei ledige Töchter, Auguste und Elise haben die Druckerei in der Dürener Straße vor 1894 übernommen, nicht aber den Verlag des Eschweiler Anzeigers; nach 1929 erscheint die Druckerei nicht mehr in den Eschweiler Adressbüchern.
In der Ausgabe vom 22. Dezember 1886 heißt es, dass der Verlag von Joseph Zavelberg, Markt 2 in Eschweiler, die Redaktion hat, danach erscheinen Franz Riedel als Redakteur und Joseph Zavelberg und Franz Riedel als Verleger und Drucker.
Im 46. Jahrgang ab Nr. 48, Ausgabe vom 16. Juni 1894, erschien der Eschweiler Anzeiger mit Redaktion, Druck und Verlag sowie Expedition bei Joseph Dostall am Markt 2. Später wurde auf die Grabenstraße 26 verlegt, wo Dostall auch eine Buchdruckerei, eine Handlung für Papierwaren aller Art einschließlich Geschenkartikel und Klosettpapier sowie eine Buch- und Musikalienhandlung betrieb.
Im Januar 1932 folgte das Intermezzo mit dem Eschweiler General-Anzeiger, dessen Verlag und Schriftleitung bei Wilhelm Moll lagen. Franz Beuels aus Eschweiler war Sportredakteur, gedruckt wurde bei Degen in Düren.
Die Neuausgabe des Eschweiler Anzeigers am 28. März 1932 wurde indes wieder von Dostall verantwortet, aber weiterhin in Düren gedruckt. Geschäftsstelle war nun an der Marienstraße Nr. 10 in Eschweiler.
Schriftleiter und Verleger des am 1. April 1932 erstmals erschienenen Allgemeinen Anzeigers war zunächst wie schon beim Eschweiler General-Anzeiger Wilhelm Moll, und Franz Beuels war Sportredakteur. Während dieser Sportredakteur blieb, folgte auf Wilhelm Moll als Verleger und Schriftleiter schon mit der Ausgabe vom 7. April 1932 Ernst Broitzman. Geschäftsstellen befanden sich in der Grabenstraße Nr. 36 in Eschweiler und später auch in Stolberg in der Rathausstraße. Gedruckt wurde zunächst noch in Düren, ab Juni 1933 jedoch wieder in Eschweiler in der Grabenstraße und zu dieser Zeit wurde Hans Reuter als verantwortlich für den Stolberger Inhalt genannt. Im Oktober 1932 trat Franz Beuels als Verleger und Hauptschriftleiter auf und blieb dies bis zur Einstellung des Blatts. Als letzte Änderung im Impressum wurde im Dezember Hans Bahr als verantwortlich für den Stolberger Lokalteil angegeben. Schließlich rief Franz Beuels die Leser und Inserenten des Allgemeinen Anzeigers auf, zum Nazi-Pateiblatt zu wechseln, und ließ dessen Lokalbeilage für Eschweiler, den Eschweiler Beobachter, drucken. Die Geschäftsstelle dieses "Beobachters" lag unterdessen zunächst wieder wie bei der Neuausgabe des Eschweiler Anzeigers in der Marienstraße Nr. 10, später wechselte die Lokalredaktion des Nazi-Blatts in die Adolf-Hitler-Straße (Rosenallee) Nr. 4 Abb. 3.